Thursday, January 16, 2025
Mit dem Kopf durch die Wand
Das Jahr 2025 scheint unter keinem guten Stern zu stehen. Erst letzte Woche las ich von einem neuen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche und musste umgehend wieder an Christian Lindner denken. Aber nein, das war eine Verwechslung; der Schaum vor dem Mund hatte andere Gründe. Trotzdem habe ich kein gutes Gefühl, was die nächsten Wochen und Monate angeht. Manchmal scheint es mir, als würde die globale Verblödung in Rekordtempo zunehmen, und wir könnten nur machtlos zusehen.
Vor einem halben Jahr oder so trug sich die folgende Episode zu. Ein Kleintransporter hatte in der Tiefgarageneinfahrt direkt unter meinem Fenster geparkt. (Eigentlich ist “geparkt” eine äußerst schmeichelhafte Beschreibung; der Wagen stand total schief, als ob der Fahrer ihn innerhalb von fünf Sekunden abgestellt und dann den Schlüssel weggeschmissen hätte.) Ein PKW rollte heran und wollte in die besagte Tiefgarage hineinlenken. Ich wurde auf die Situation aufmerksam, als dessen Halter über längere Zeit hupte, vielleicht 20 Minuten lang.
Irgendwann kehrte der Besitzer des Transporters zurück. Ohne eine Wort der Entschuldigung oder auch nur eine entsprechende Handbewegung stieg er ein, setzte zurück und wollte wegfahren. Nur hatte der PKW inzwischen die Straßenmitte eingenommen und machte nicht Platz. Als der Transporterfahrer versuchte, seinen Willen durchzusetzen, holte der Mann am Steuer des PKW demonstrativ sein Handy heraus, machte es sich in seinem Sitz bequem und brachte ziemlich deutlich zum Ausdruck, dass er keine Lust hatte, den anderen Wagen vorbeizulassen.
Ich glaube nicht, dass einer der beiden Fahrer einen Preis für sein Verhalten verdient hat, aber den Besitzer des PKW kann ich zumindest verstehen. Möglicherweise hätte ich mich in seiner Situation genauso verhalten. Ich bin einmal gefragt worden, ob ich es für eine gute Idee halte, nachtragend durchs Leben zu gehen. Mittlerweile glaube ich fast, es ist der einzig sinnvolle Weg. Früher sagte man regelmäßig “der Klügere gibt nach”, doch dann hat jemand begriffen, dass die Konsequenz davon sein wird, dass die Dummen irgendwann die Welt regieren. Und genau da sind wir jetzt angekommen.
Selbstredend bietet sich hier ein Sprung in die USA an. Ich hatte in der Vergangenheit über meine Neigung gesprochen, mir gelegentlich Videos über bekloppte Autofahrer anzuschauen. Wenn man YouTube Glauben schenken darf, geschieht dergleichen dort praktisch täglich, in jedem Teil des Landes. Die Amerikaner haben das Konzept der “unbegrenzten Möglichkeiten” dahingehend fehlinterpretiert, dass jeder machen darf, was er will, und diese Illusion leben sie heutzutage mit voller Begeisterung aus.
Der Ami glaubt, er könne überall seinen Willen bekommen, wenn er nur lange genug mit dem Kopf auf die Wand zurennt. Donald Trump und Elon Musk sind das beste Beispiel dafür. Der Rest der Welt hat das begriffen und im Geiste sein Bild vom Ami entsprechend angepasst (bis auf die Franzosen, die das Wort immer noch irrtümlich mit “Freund” übersetzen). Leider haben die erwähnten Verhaltensmuster schon vor langer Zeit auf uns abgefärbt, und inzwischen sind wir Deutschen kaum einen Deut besser, wie das obige Beispiel beweist.
Zurück zu den USA. Zur Zeit gehen die Bilder aus dem brennenden Los Angeles um die Welt. Die Nachrichten schlachten die Katastrophe aus, und das ist durchaus nachvollziehbar, weil es nun mal interessanter als ein Erdbeben in Tibet ist, wenn die Prunkvillen der Stars verkohlen. Weitaus tragischer ist jedoch der Umstand, dass dort auch viele Normalsterbliche ihr Hab und Gut verlieren, denen es nicht gegeben ist, angesichts der Umstände ihren Wohnsitz mal spontan in den Zweit- oder Drittpalast zu verlegen.
Diese Menschen sind wirklich zu bedauern. Sie stehen vor dem Nichts und müssen mit ansehen, wie die Stars angesichts der verlorenen Millionen aus ihren Privatjets heraus eine einzelne Träne verdrücken. Dann meldete sich Til Schweiger auf Instagram, und ich dachte wirklich für einen Moment, er wäre ein bewegter Mann. Aber schnell wurde deutlich, dass unser charismatischer Nationalnuschler ebenfalls nur sein Leben in Wohlstand genießt, und sofort verspürte ich wieder das dringende Bedürfnis, ihm kräftig zwischen die Beine zu treten.
An der Spitze meiner Verdummungs-Hitliste steht - wen wundert’s - unverändert Donald Trump, der personifizierte Sonnenstich. Er tut das, was er am besten kann, nämlich Schimpfen und Wettern. Anstatt sich irgendwie nützlich zu machen, zieht er über die Demokraten her, welche das Inferno aus seiner Sicht verursacht haben. Im Prinzip gibt er den Demokraten dieser Tage so ziemlich an allem die Schuld, sogar an dem Klimawandel, an den er ja gar nicht glaubt. Und wenn er von solchen Dingen gehört hätte, würde er sie sogar für Kontinentalverschiebung und Schwarze Löcher verantwortlich machen.
Trump ist wirklich nicht mehr zu retten; für ihn kann die Wand gar nicht groß genug sein. Aktuell beansprucht er Panama, Grönland, Kanada, und wenn es nach seinem neuen Einflüsterer geht, demnächst vermutlich auch noch Grünheide für die USA. Im Klartext bedeutet das, für sich selbst, denn die Vereinigten Staaten betrachtet er ja mehr oder weniger als sein Eigentum. Auf das, was er nicht bekommen kann, plant er gigantische Zölle zu erheben. Und sollte er diese irgendwann wieder senken, wird er sich dabei als Heilsbringer unseres Planeten präsentieren, davon bin ich überzeugt.
Ich wünschte, es gäbe eine Maul- und Klauenseuche, die nur den Trump-Clan befällt. Leider funktioniert die Biologie so nicht. Den Größenwahn eines Einzelnen bezahlen in unserer Gesellschaft immer gleich Millionen, ob es sich nun um einen toupierten golfspielenden Schwachkopf in Florida oder einen gleichermaßen narzisstischen Ex-Judoka in Moskau handelt. Die Bullen mit den größten Hörnern geben den Ton an, und es kommt nicht darauf an, was in dem Dickschädel drinsteckt.