Saturday, March 1, 2025
Quickie: Made in Germany
Ich habe mir vorgenommen, mehr Quickies zu schreiben. Damit meine ich Kurzbeiträge, insbesondere - auch wenn es mir schwerfällt - mit weniger politischem Inhalt. Der heutige Beitrag soll einen Kompromissversuch darstellen. Genug zu sagen gäbe es natürlich. Unter Donald Trump gibt es Demokratie nur noch nach russischem Vorbild, Pressefreiheit nach dem türkischen, Umweltschutz nach dem brasilianischen und Frauenrechte nach dem afghanischen Modell. Die Zeiten, in denen die westliche Welt zu den USA aufgeschaut hat, sind wohl endgültig vorbei.
Aber worüber kann man dieser Tage sonst schreiben? Amerika ist nicht mehr vertrauenswürdig, Argentinien ist wahrscheinlich bald nicht mehr Papst, Bayern München ist nicht mehr Kimmich, die Bachelorette nicht mehr im TV und die FDP nicht mehr von Bedeutung. In die obige Aufzählung aufnehmen möchte ich, dass “Made in Germany” nicht mehr zwangsläufig deutsch ist. Grund für diese Feststellung ist die bevorstehende Oscar-Verleihung und der deutsche Beitrag “Die Saat des heiligen Feigenbaums” im Rennen um die Trophäe für den besten ausländischen Film.
Für diejenigen meiner Leser, denen der Titel nichts sagt: Der Film wurde im Iran gedreht, von einem iranischen Regisseur und mit iranischen Darstellern. In dem Film geht es um eine iranische Familie in der iranischen Gesellschaft. Gesprochen wird ausschließlich Farsi. Dass überhaupt ein Bezug zwischen dem Film und Deutschland hergestellt wurde, liegt vermutlich daran, dass das Filmmaterial unter Beteiligung von Deutschen aus dem Iran geschmuggelt wurde, dass der Regisseur nach Deutschland geflohen ist, und dass im Hintergrund - neben französischen Unternehmen - ein deutscher Produzent beteiligt war.
Bitte nicht falsch verstehen: Der Film mag gut oder schlecht sein, ich habe ihn nicht gesehen. Ziemlich sicher ist er gut, sonst wäre er nicht so weit gekommen. Auf jeden Fall spricht er kritische Themen an und ist schon deshalb Oscar-Material. Aber er ist kein deutscher Film. Er ist ein Werk des Iran, genauer gesagt von Iranern, die sich gegen das herrschende Regime aussprechen (ein riskanter Akt in der heutigen Zeit - nach meinem Verständnis wurden einige von ihnen zu harten Strafen verurteilt, und manche von der Crew verließen unter schwierigen Umständen ihr Heimatland). Wir sollten nicht so tun, als wäre irgendetwas davon unser Verdienst.