Thursday, April 17, 2025
Quickie: Im freien Fall
Es geht überall bergab… außer vielleicht in den Gefängnissen von El Salvador. Dort steigen die Zahlen der Häftlinge an, wann immer Donald Trump unliebsame Mitbürger identifiziert, seien es nun Einwanderer oder Mitglieder der Harvard-Administration. Aber ich wollte ja nicht ganz so viel über Politik schreiben, deswegen hier ein ganz anderes Thema. Gestern habe ich in den Nachrichten gelesen, wieder einmal sei eine Person von öffentlichem Interesse - konkret ein Fußballer - bei einem Sturz vom Balkon gestorben. Selbst wenn wir Kremlkritiker mal außen vor lassen, kommt das in letzter Zeit ganz schön oft vor, findet ihr nicht auch?
Die Hintergründe sind mir nicht bekannt, es wird wohl noch ermittelt. Laut den Medien kam der Mann ursprünglich aus Gabun, kickte dann in der Türkei sowie verschiedenen anderen Ländern und verbrachte seinen Lebensabend, wenn man es so nennen will, in einem chinesischen Hochhaus. Und prompt geht wieder eine Welle angedeuteter Trauer - mal ehrlich, viele der Kondolierenden kannten den Mann gar nicht - durch die sozialen Netzwerke. In der Zeit, die ein Journalist braucht, um eine solche Meldung zu verfassen, sterben im Bürgerkrieg im Jemen oder im Sudan ein Dutzend Leute, und niemand schreibt darüber. Andererseits sind das keine Promis, sondern nur einfache Bürger der Dritten Welt, mehr gibt es darüber nicht zu sagen.
Nochmal zurück zu dem besagten Fall (kein Wortspiel beabsichtigt). Diese Todesursache, ein Sturz aus großer Höhe, hat in den vergangenen Jahren gefühlt stark zugenommen, seien es nun zugedröhnte Stars in Hotelzimmern oder Selfie-Touristen an irgendwelchen malerischen Klippen. Im 21. Jahrhundert bauen die Menschen selbstfahrende Autos, selbstschießende Drohnen und generell selbstdenkende Maschinen, doch sie haben ihr eigenes Gleichgewicht immer seltener im Griff. Vor einiger Zeit haben Bekannte und ich gewitzelt, dass man die Evolution ein ordentliches Stück vorantreiben könnte, indem man alle Warnschilder an Abgründen entfernt. Da scheint etwas dran zu sein.
Das Phänomen an sich ist schon bedenklich, aber noch schlimmer ist, was die Medien daraus machen. Als Liam Payne (ein Mitglied der erfolgreichen Boygroup “One Direction”, falls euch der Name nix sagt) vor einem halben Jahr auf die gleiche Weise das Zeitliche segnete, überschlugen sich die Nachrichtenwebseiten regelrecht. Tagelang wurden sein Tod und die letzte Phase seines Lebens ausgeschlachtet. Die Feststellung der Todesursache allein bekam ungefähr genauso viele Headlines wie alle Erdbeben im Myanmar in den letzten 50 Jahren zusammengenommen. Und nun ratet mal: Er starb tatsächlich an den Folgen des Sturzes. Nicht zu fassen!
Für die Angehörigen und Freunde eines so Verblichenen ist die Angelegenheit sicher tragisch. Andererseits ist die Auslese von Vertretern der Spezies, die oben und unten nicht unterscheiden können (bzw. die allgemein mit der Erkennung von Gefahren im Alltag - beispielsweise Hochspannungsleitungen - ein Problem haben), ein von der Natur gewollter Prozess. Mein Vorschlag: Lasst sie einfach machen. Schreibt nicht mehr darüber. Gebt ihnen keine Plattform. Und wenn einer den Juckreiz in seinem Schritt mit Feuerzeug und Spiritus oder auch mit einer Kettensäge wegkurieren möchte, hindert ihn nicht daran. Die Evolution wird uns dankbar sein.