Saturday, January 14, 2023

Der letzte Widerstand

Eigentlich wollte ich in diesem Blog nicht so viel über Politik schreiben, aber es geht gerade nicht anders. Die mediale Welt wird von Bildern aus Lützerath in Atem gehalten, wo sich junge Aktivisten für Umweltschutz einsetzen und dafür als Klimaterroristen bezeichnet werden. Selten war ein Unwort des Jahres so passend gewählt.

Ich weiß nicht, wer den Begriff zuerst geprägt hat. Inzwischen höre ich das Wort jedenfalls erschreckend regelmäßig - häufig in politischen Debatten, bei denen die Gegenseite einen so festgefahrenen Standpunkt hat, dass es zu keiner konstruktiven Diskussion kommen kann. (Andererseits leben wir in einer Zeit, in der Extreme die Normalität sind, insofern sollte das nicht verwundern.)

Manchmal wird gesagt, es gäbe keine Politiker von Format mehr, aber das stimmt nicht. In mindestens einem Fall war es ein Mann von Format, genauer gesagt Querformat, der den Begriff benutzte. Er sah so aus, als könnte er das Ozonloch durchaus allein zu verantworten haben, und schien zum Thema Umweltschutz eine klare Meinung zu haben. Da er darüber hinaus von der AfD war, konnte man von seinem Auftritt keine inhaltlichen Perlen erwarten.

Zurück zur Letzten Generation. Protestaktionen sind dieser Tage eine heikle Sache, spätestens seit sie aufgrund blockierter Rettungswege mit einem Todesfall in Verbindung gebracht werden. Zwar tun sich Experten schwer bei dem Versuch, aus den verfügbaren Fakten mit Sicherheit abzuleiten, was ohne die Blockade der Aktivisten aus dem Unfallopfer geworden wäre, aber egal. Fakten sind schwierig, Schuldzuweisung ist einfach, von daher stellt der Vorfall für die Gegner der Aktivisten ein gefundenes Fressen dar.

Meine persönliche Ansicht? Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist, sich auf Rollbahnen anzukleben oder Gemälde mit Suppe zu beschmieren. Wie gesagt, ein heikles Thema. Aber was ist denn schon der richtige Weg? Entspanntere Formen des Widerstandes können leicht ignoriert werden, und genau das tut die Politik dann auch gern.

Wie ihr vielleicht bemerkt habt, habe ich von unseren Spitzenparasiten (pardon, -abgeordneten) generell keine hohe Meinung. Sie bekommen gigantische Mengen Geld nachgeworfen, und zwar effektiv unabhängig davon, ob sie eine Leistung erbringen oder nicht. Wenn sie im Bundestag über kritische Themen diskutieren, kommt in der Regel nichts Verwertbares dabei heraus. Im Grunde genommen ist das ebenfalls eine Form der Sitzblockade, nur in die inhaltlich entgegengesetzte Richtung.

Umweltminister und ihre Mitarbeiter besitzen hierbei nochmal einen Sonderstatus. Im Gegensatz zu manchen ihrer Kollegen haben sie den Bonus, mit relativ großer Sicherheit zu wissen, dass sie die Konsequenzen ihres Handelns oder Nicht-Handelns nicht mehr erleben müssen. Sie können sich also in jeder Hinsicht austoben, unbeschwert und folgenlos. Seit ich denken kann, versprechen Umweltminister, sich um Klimaschutz zu bemühen, und tun dann genau das Gegenteil. Es sind erst unsere Nachkommen, welche die Trägheit unserer Politiker ausbaden müssen.

Schon allein deshalb verdient die Letzte Generation unsere Anerkennung - ihre Methoden mögen umstritten sein, ihr Einsatz ist es jedenfalls nicht. Ob sie etwas erreichen werden, steht in den Sternen. Aber Klimaterrorismus? In meinen Augen wäre es nur gerecht, wenn in Zukunft jeder, der dieses Wort benutzt, vor laufenden Kameras mit Tomaten beworfen wird. Mit Bio-Tomaten, versteht sich.